Sonntag, 30. September 2012

Homophobe Bestell-Gebete

Ψ Bereits vor einigen Tagen veröffentlichte die Internet-Zeitung »Russland-Aktuell« (hier) eine Meldung, wonach Der Petersburger Stadtrats-Abgeordnete Vitali Milonow (der auch Verfasser des umstrittenen »Gesetzes gegen homosexuelle Propaganda« ist), gleichgeschlechtliche Liebe für »eine Krankheit, die man mit Gebeten und Fasten heilen kann« unf für eine von vielen Prüfungen Gottes hält.

Ψ So sehr mich die Kriminalisierung der alleinigen Existenz von LGBTI-Menschen in Russland aufregt und so sehr ich die Aussage von Herrn Milonow als erneute Formulierung homophober AndersAngst-Propaganda halte, dennoch regt mich dieser gequirrlte Unsinn an zum Nachdenken: über Gebete, deren Zielsetzung und deren Inhalte.

Ψ Etliche gläubige Menschen (das erlebe ich letztlich seit ich mit Religion und Glauben beschäftige) scheinen Gebete weniger als Zwiesprache mit dem Göttlichen zu sehen, sondern eher als Bestellungvorgang zur Umsetzung ihrer eigenen Vorstellungen. Da betet man für die Heilung eines Familienmitglieds, da wünscht man sich das erfolgreiche Abschließen einer Prüfung oder man erbittet sich ganz einfach und quasi im Handumdrehen die Änderung der Identitätspersönlichkeit eines anderen Menschen. Das Herbeiwünschen von Dingen durch gedachte oder gemurmelte Worte gehört für mich eher in die Abteilung Aberglaube, als in den Bereich er- und gelebter Spiritualität. Statt ichbezogen Bestellungen an das Göttliche im Universum zu senden, erachte ich es als sinnvoller, Gefühle oder Gedanken benennen. Die Idee eines omnipotenten Überwesens, dem ich hilflos ausgeliefert bin und das ich bei angeblich guter Führung um Gefallen bitte, reduziert das eigene spirituelle Empfinden in der Zwiesprache auf ein Geschäft, einen Vertrag: Wenn ich schön brav bin, dann kriegt ich vielleicht, was ich mir wünsche. Das wirkt auf mich eher wie der Umgang mit dem Kaufhausweihnachtsmann als mit dem Göttlichen.

Ψ Ich werde zu diesem Thema sicherlich noch einige Gedanken anstellen und auch meditieren. Die Überlegung »Ich glaube an Gott und bete und dann wird Gott meine (alle neutestamentarischen Vorstellungen ignorierende) homophobe Wahrnehmung schon Realität werden lassen« ist meinem spirtuellen Erleben nach jedenfalls eine Milchmädchenrechnung, wie sie auch in diversen religiösen Büchern steht.

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